Dominanz und Rangordnung
Begriffe wie "Rangordnung" und "Dominanz" können nach neuen Forschungsergebnisse von G.Bloch, D. Mech und L. & R. Coppinger kaum auf unsere Hund-Mensch-Beziehungen übertragen werden.
Sie zeigen vielmehr, dass Wolfsrudel und auch Wildhunderudel wie eine Familie strukturiert sind und durch die Elterntiere über ein System der Arbeitsteilung souverän und ohne übertriebene Aggression geführt werden.
Dominanz wird fälschlicherweise oft mit Aggression gleichgesetzt und der Begriff Dominanz war somit jahrzehntelang negativ besetzt. Ein wirklich dominanter Hund in einem Rudel ist jedoch ein sicherer, souveräner Hund, der es nicht nötig hat andere Hunde zu drangsalieren oder zu mobben. Dominanz und Rangordnungen verhindern innere Streitigkeiten in einer Gruppe dadurch, dass die verschiedenen Gruppen- oder Rudelmitglieder wissen, wie sie zueinander stehen und sich zu verhalten haben. Dies stärkt die Bande zwischen den Rudelmitgliedern und erleichtert das Zusammenleben. (Auszug aus: Anders Hallgren, Das Alpha-Syndrom)
Aggression hingegen schafft Distanz zwischen den Individuen und Spannungen in der Gruppe. Aggression ist also nicht, wie viele meinen, notwendig für Dominanz - ganz im Gegenteil sind es zwei ganz unterschiedliche Erscheinungen. (Auszug aus: Anders Hallgren, Das Alpha-Syndrom)
Eine wirkliche Rangordnung wird im Übrigen nur innerartlich gebildet ! Und da unser Familienverband kein Hunderudel ist, sondern eine artübergreifende Gemeinschaft, wird unser Hund nicht versuchen seine Rangposition zu verbessern und uns zu dominieren, wenn er es sich auf unserem Sofa gemütlich macht oder als erster durch die Tür stürzen will, sondern schlicht und einfach versuchen, sich Vorteile zu verschaffen. Deshalb ist er noch lange nicht dominant, sondern versucht einfach nur clever zu sein.
Du allein entscheidest und sagst ihm, was er bei Dir darf und was nicht. Warum soll er nicht aufs Sofa, wenn er sich von Dir problemlos wieder runter schicken lässt, wenn Du den Platz für Deine Besucher brauchst.
Dementsprechend müssen wir unseren Hund auch nicht mit Prinzipien verunsichern, wie z.B.
- ihm etwas voressen und ihn erst füttern, wenn wir selbst gegessen
haben (nach dem Motto: der Alpha isst zuerst)
- ihm den Futternapf wegnehmen, den wir ihm gerade hingestellt
haben (der Alpha darf das)
- ihn nicht im Bett oder auf dem Sofa schlafen lassen (der Alpha teilt das
Lager nicht)
- nie zuerst durch die Tür gehen lassen (der Alpha ist immer der erste)
- nie ein Spiel beginnen oder enden lassen (der Alpha kontrolliert das
Spiel) usw und usw
Alles was Du tun solltest ist dem Hund zu zeigen, dass er sich auf Dich und Dein Urteil verlassen kann, dass Du in der Lage bist für seine Sicherheit zu sorgen und die Führung zu übernehmen. Du solltest nie zweideutig sondern überlegen und klar in Deinem Verhalten sein, also souverän und dabei bist Du stets freundlich, liebevoll, ruhig und konsequent. Eben ein toller Chef oder besser noch tolle Eltern!
Der Begriff "dominant" wird in der Regel und fälschlicher Weise für Hunde verwendet, die z. B. durch Aufmerksamkeit heischendes Verhalten ihre Besitzer bedrängen, ihr Futter verteidigen, Gehorsamsübungen verweigern oder die häufig in Konfrontationen mit anderen Hunden geraten.
Ein Tier, das eine "ranghohe" Position bekleidet, zeichnet sich, wie schon oben erwähnt, durch Souveränität aus und nicht durch aufdringliches Verhalten oder gesteigerte Aggressionen. Hunde, die so ein Verhalten zeigen, sind unsicher, gestresst, über- oder unterfordert oder verteidigen sich oder auch Ressourcen, die ihnen wichtig sind. Oft sind sie einfach nur hilflos und wissen nicht, was von ihnen erwartet wird.
Die Erfahrung, die wir mit den verschiedensten Hunden und ihren Besitzern gemacht haben, zeigen, dass die Begriffe "Dominanz", "Rangordnung" und "Unterordnung" nur zu Missverständnissen führen und viele Probleme erst verursachen.
Ein Hund braucht Regeln und Grenzen, genau wie wir Menschen. Doch die Einhaltung dieser Regeln erreichen wir nicht dadurch, dass wir uns zum "Alpha" machen, überzogene "Rangordnungsregeln" exerzieren und den Hund "unterwerfen". Die Basis für ein stressfreies Zusammenleben ist Vertrauen, Struktur und das Wissen um die Verhaltensweisen unserer Hunde.
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