4.11.2015, Abschied für immer....
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4.11.2015, Abschied für immer….

 

Manchen hilft es zu reden. Mir nicht.  Die Traurigkeit macht mich stumm, nimmt mir die Luft und gesprochene Worte gibt es grad nicht …..

Also, bitte nicht böse sein, wenn ich gleich abwinke, wenn ihr mich trösten wollt.

 

Der unten angehängte Brief ist ein Brief an meinen Hund Leni – nachgeschickt in ihre neue Welt.

Ihr dürft ihn lesen, ihr kennt sie ja schließlich.

 

Ich wollte mir damit den Schmerz von der Seele schreiben, irgendwie noch einmal mit ihr reden,  nachdem ich  eine Entscheidung getroffen habe, die sich nun im Nachhinein so falsch anfühlt.

Vor einer Woche habe ich meine liebe Lebensabschnittsgefährtin einschläfern lassen. Sie lag auf ihrem Lieblingsplatz und ich saß auf dem Boden ganz dicht bei ihr, ihren Kopf auf meinem Schoß – und ich war innerlich zerrissen, wußte nicht , ob es richtig so ist – nur weil sie nicht mehr allein laufen konnte ?

Morgens gingen wir noch alle Wiesen ab, haben die Hühner rausgelassen und die Nachbarshunde verbellt.

Eine Stunde später war plötzlich alles anders. Sie konnte nicht mehr gehen, die Hinterbeine konnten sie nicht mehr tragen und sie schaute sie immer an. Beim Aufhelfen jammerte sie. Ihr Blick war so klar wie immer und ich wußte irgendwie, dass es unser letzter Tag ist.

Etwas später half ich ihr mit dem Tragegurt noch einmal raus in den Garten und durch die Wohnung zu gehen.

Wie ein Film lief in mir ab, was sie schon alles aushalten mußte.

 

In den vergangenen Monaten habe ich jeden Tag daran gedacht, dass ich sie bald nicht mehr habe. Ich hätte eigentlich vorbereitet sein müssen, aber darauf kann man sich wohl nicht vorbereiten. Bevor es mir am Mittwoch so richtig bewußt wurde,  hatte ich die Entscheidung schon getroffen, die mich dann im Nachhinein so  hilflos machte.  

 

Mein größter Wunsch in der letzten Zeit war, dass sie von alleine stirbt, möglichst einfach im Schlaf in ihr neues Dasein rübergleiten, das wäre gut gewesen…….

 

Für mich war es nicht das erste Mal, über Leben und Tod entscheiden zu müssen, aber es war das Schlimmste und Schmerzhafteste und Nachhaltigste. Ich kann sie immer noch nicht loslassen. leni_daschka_kleindsc_0045.jpg

 

 

 

 

 

Mein liebes Lenchen,

 

Ein ganzes Leben wollte ich für dich da sein –

Vom Anfang, als du noch in meine beiden Hände passtest, wie in eine Schale gekuschelt, bis zum Schluss, wenn du deinen großen weißen Körper verlassen wirst.

Dafür hab ich mich vor dreizehneinhalb Jahren entschieden, ganz egal was das Leben an Erfahrungen für uns vorgesehen hat.

Nun habe ich dein Leben beendet. Ich habe das getan, mit meinem Menschenverstand und mit meiner Unwissenheit, mit meinen Ängsten vor deinem Leid ….

 

Wie soll ich das nur nennen? Hab ich dich erlöst oder eher mich, weil ich meiner Kraft, dich noch länger so zu sehen, nicht vertraut habe?

Deine Stärke, trotz Schmerzen mit mir zu gehen,

dein Wille, dem Verfall zu trotzen und mich mit Albernheiten aufzuheitern,

in guten und in schlechten Zeiten immer an meiner Seite zu bleiben, weil du wußtest, dass ich dich brauchte ….macht mich verlegen und ganz klein……

 

Verzeih mir, die Momente wo ich ungeduldig war, wo ich einfach nicht verstanden habe, was für dich wichtig war.

Verzeih mir, dass ich dich erzogen habe, von dir Dinge verlangt habe, die dir unsinnig erscheinen mussten.

Du solltest gehorchen und mir folgen, nur weil ich dein Mensch war.

Ich habe dein Leben  bestimmt, hab alles vorgegeben, nur weil ich dein Mensch war. Was seid ihr Hunde nur für seltsame Wesen, dass ihr euch so selbstlos an uns bindet.

 

Wahrscheinlich hattest du eine Aufgabe und hast eigentlich mich geführt.

Ich weiß, mein Leben wäre ohne dich anders verlaufen.

Deine Treue, dein Trost, dein Vertrauen, deine Weisheit, deine Aufmerksamkeit, deine Zuversicht, deine Geduld, deine Präsenz, deine Anteilnahme, deine Ängste, deine Krankheit und immer wieder dein Vertrauen – das bist alles du.  Ich weiß , ich hätte dich nie verlassen, mich immer für dich entschieden, egal in welcher Lebenssituation ich mich befunden hätte.

Du warst mir immer eine gute Lehrerin.

 

Und nun sehe ich dich da liegen und du kannst nicht mehr allein aufstehen. Es war wie ein Schlag in die Magengrube, obwohl es in den letzten Wochen ja schon hin und wieder so war, dass du es nicht allein geschafft hast.

Ich hab dann deine Beine sortiert und dann ging es wieder.

Diesmal war es anders und ich wußte,  dass wir in eine neue Phase eingetreten sind. Von nun an hätte ich , so wie du es dein ganzes Leben für mich getan hast, immer an deiner Seite sein müssen.

 

Aber ich hab dich „einschläfern“ lassen – ein Wort, das eigentlich nicht passt. Es hört sich so friedlich an , aber das war es nicht.

Auch wenn alle sagen, dass es richtig war. Ich glaube du wolltest es noch nicht. Du konntest nur nicht einfach aufstehen und weggehen, hättest dazu meine Hilfe gebraucht.

 

Hättest nun immer meine Hilfe gebraucht um irgendwohin zu kommen. Mit dem Tragegurt zum Pinkeln, zum Fressen, um einen andern Liegeplatz aufzusuchen. Manchmal hättest du es vielleicht auch noch ein Stück allein geschafft…….mit letzter Kraft, wie noch einmal in den Minuten kurz bevor die Tierärztin kam.

 

Aber ich hatte nicht deine Kraft , konnte mir nicht vorstellen, wie es möglich sein soll, immer für dich da zu sein, dich nicht mehr allein lassen zu können. Ich schäm mich so.

 

Ich hab dich beruhigt und deinen Kopf gehalten, als du die Narkosespritze zum Einschlafen gekriegt hast. Aber du wolltest  nicht einschlafen. Wenn ich daran denke laufen meine Tränen, es war schon zu spät noch einmal abzuwägen.

 

Ich hab dich gehalten um dir beizustehen.

Aber es war nicht friedlich und ich wäre gerne mit dir allein gewesen. Ich hätte gern ein Zeichen gehabt, dass es der richtige Zeitpunkt ist, dich gehen zu lassen. Ich weiß es immer noch nicht und denke immer , ich hab dich nicht gehen lassen sondern weggeschickt. Ich kann es kaum aushalten es auszusprechen.

 

Ich glaube inzwischen, du hast mir beigestanden.

 

 „Du und ich“ - wie weh es  tut an das  „wir“ zu denken.

Wenn ich aus dem Fenster schaue sehe ich die Lichter im Dunkeln, die wir ,  auf dein Grab gestellt haben. Ich gehe daran vorbei und hoffe etwas zu spüren von dir, ein Zeichen, dass du da bist , zwar nicht mehr in meiner Welt, aber trotzdem noch um mich.

 

Dein Bett ist weggeräumt – ich muß etwas anderes hinstellen, damit der leere Platz nicht so weh tut.….

Auch dein Napf steht nicht mehr an seinem Platz…..

Dein Ball liegt hier noch.

Daschka will damit nicht spielen, sie holt ihn auch nicht, wenn ich ihn für sie werfe, schließlich war es immer so -  der blaue war deiner.….

 

Vom letzten Bürsten hab ich noch dein weißes Fell in einer Tüte. Ich kann es noch nicht wegwerfen. Gestern hab ich es angefaßt und es hatte nix mehr mit dir zu tun.

 

Aber ich spüre wie du dich anfühlst wenn ich die Augen zu mache.

Wenn ich abends auf dem Sofa liege spüre ich deine Blicke, wie du dich alle paar Minuten, vergewisserst ,  ob ich noch da bin. Das hast du immer so gemacht seit du taub bist.

 

Alle deine Spuren werden behütet wie Schätze – solange bis sie mit der Zeit verblassen werden.

 

Mein Lenchen, weißt du noch wie alles anfing?

Die erste lange Fahrt und wir kannten uns kaum. Alles war dir hier fremd: die Pferde, die Schafe, die Ziege, die Katzen, die Menschen, das Haus….

Und weißt du noch, wie ich dich immer vor die Gartentür tragen mußte, weil du die Welt draußen zu bedrohlich fandst ?

Weißt du noch , wie mühsam es war das Alleinebleiben und das Autofahren zu lernen ?

 

Andere Hunde fandst du eher überflüssig, es sei denn sie waren weiß…..

Du konntest ihnen einen ganz schönen Schreck einjagen. Nur an Welpen konntest du dich lange erfreuen und hast die Gruppen als eine Art „Tante Leni“ begleitet. Du warst so geduldig, hast sie immer gewähren lassen.

 

Weißt du noch wie die arme Melody einen Schock hatte, nur weil du ihr  zu nahe gerückt bist?

 

Und weißt du noch wie du mich gesund gemacht hast, als Harald wegging. Ich weiß, wie traurig du jedesmal warst, wenn er später mal kam und dich kaum beachtet hat.

 

Weißt du noch, wie ich Daschka zu uns holte? Du warst 3 Jahre alt und bereit einem Hundebaby seine neue Welt zu erklären. Du warst ihr 10 Jahre eine verläßliche und liebevolle starke Ersatzmama.

Du warst niemals böse zu ihr, hast liebevoll alles geteilt und hast deine Rolle als meine Nummer 1 nie mißbraucht.

Sie hat dich respektvoll anerkannt und sie hat an deinem letzten Tag fast unsichtbar und auf eine sehr leise Art Abschied von dir genommen.

 

Hast Du gesehen, dass Yogi bis zum Abend , bis wir deinen Körper begraben haben, an deiner Seite lag. Er hat stundenlang die Totenwache gehalten und ging erst , als dein Platz leer war.

 

Die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit könnten wohl ein Buch füllen, vielleicht gibt es das ja irgendwan einmal….“Mein weißer Traum“ oder so ähnlich könnte es heißen…..

 

Nie wieder wird es so eine beste Freundin für mich geben – ich bin so dankbar für 13 ½ wunderschöne und intensive Jahre.

 

Also, warte bis ich nachkomme, wenn ich hier alles erledigt habe, dann können wir wieder reden…….

Deine Freundin

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