24.6.2016 NEIN - das böse Wort…..
Das Wort NEIN, das immer wieder Thema ist und von dem nun auch in dem
aktuellen Zitat auf Gudruns Seite abgeraten wird, braucht jetzt von mir mal ein
wenig Fürsprache.
Ich muss sagen, ich versteh die Aufregung darum nicht. NEIN
ist die Aufforderung zur Verhinderung oder zum Beenden einer Handlung. Eben ein
Abbruchsignal. Ich finde es macht das Leben in einigen Situationen leichter und
auch für meine Hunde war und ist es lediglich eine Info, die nicht weiter frustriert, sondern einen weiteren
Hinweis oder einen Ausweg ankündigt.
In unserem Alltag findet das Prinzip der positiven Bestärkung immer
Anwendung, auch ohne das es clickt, es
ist einfach verinnerlicht. Eine so
emotionslose Rückmeldung wie im Zitat beschrieben (Fehlverhalten einfach nicht
bestärken) praktiziere ich allerdings kaum.
Zum Clicker gehört der Mensch der ihn bedient
und die Freude und der Spass und seine Art dies zu zeigen.
Auch Worte wie
„versuch´s nochmal“ kommen bei mir vor, wenn der Hund auf dem Holzweg ist. Ich finde Clickertraining kann lebhaft , ja
lebendig sein. Auf die Idee einen Hund mit einem Jonglierball (wie im Zitat) zu
vergleichen bin ich noch nicht gekommen.
.
Auch sollte man nicht pauschal von Training
sprechen. Es gibt so viele Trainingsziele die unterschiedliche
Herangehensweisen erfordern. Wahrscheinlich wird der Satz „versuch´s nochmal“
in einem Begegnungstraining weniger vorkommen, dafür um so öfter, wenn ich möchte,
dass der Hund bei einem spaßigen Trick etwas herausfinden soll.
Aber auch im Begegnungstraining kann man
wunderbar mit Stimmungsübertragung arbeiten und trotzdem im richtigen Moment
mit dem Clicker verstärken oder den Click eben aussetzen. Oder auch
ein Schade-Signal und abwenden bei Bell-Attacken ist eine Option.
Man kann sich
aber auch völlig emotionslos, wie im Labor, einfach auf den Click oder eben
Nichtclick im Training verlassen. Ich würde das eher so nicht machen.
Ein freundlich aufgebautes NEIN
kann im Alltag beim Hund kaum Schaden anrichten , es ist einfach eine Info, die
das Zusammenleben erleichtern kann.
Bei unserer gestrigen Gassirunde spielten Kinder auf dem Sportplatz mit
einem kleinen Ball. Der Ball rollt 3 Meter vor uns quer über den Weg. Daschka
wird ca. 2 cm größer und etwas steifer und ich sage beim Weitergehen ein leises
„Nö, wir gehn vorbei“ . Sie guckt mich an und meine Hand weist nach vorne , als
Zeichen dafür, dass wir weiter geradeaus gehen.
Sie "stimmt zu" und ich sage ihr, das machst du prima.
Genauso verhält es sich bei leckeren Dingen die runter fallen, bei
Katzen, bei Hunden, bei allem was eben meiner Meinung nach unbehelligt bleiben
sollte. Wir sind ein Team, weil wir uns dahin entwickelt haben. Ein NEIN ist
eine Info für sie , kein Rätsel. Es gehörte von Anfang an dazu. Allerdings nie
in Verbindung mit einem bösen Ruck oder einer Strafe. Sondern immer mit einem
Ausweg oder Hinweis wie es weitergeht.
Anstatt das Wörtchen „NEIN“ als Unwort des Jahres hinzustellen und am
liebsten auszumerzen, sollte es erlaubt sein, sich angstfrei ein paar Gedanken
dazu zu machen und aufzuklären. Was nützt es Reflexe zu verteufeln.
Ein NEIN ist im besten
Fall kein böses Zurechtweisen, ein NEIN soll etwas unterbrechen und eine
weitere Information ankündigen.
Mit einem NEIN wollen wir unseren Hund vielleicht vor einer Gefahr schützen oder etwas uns Wichtiges schützen.
Ich zeige dem Hund also um was es mir
geht (vielleicht indem ich die Hand drauf lege, dazu mein NEIN sage) und ich
zeige ihm was er stattdessen tun soll (vielleicht weitergehen oder sich
hinsetzen).
Das ist wichtig, weil das Hundegehirn aus einem nackten NEIN kein
„richtiges“ Verhalten ableiten kann. Der Hund benötigt einen Hinweis, wie er
sich stattdessen verhalten soll. Denn alles was er tat, war ja aus seiner hundlichen
Sicht sinnvoll. Würstchen vom Grill holen, Schuhe zernagen tut gut bei Langeweile. Warum also damit
aufhören? Joghurtbecher im Mülleimer finden ist genial, weil das Auslecken
Spass macht…….
Aber : Verwenden wir das NEIN
inflationär und ohne weitere Information für den Hund, wie so oft in den
Gruppenstunden zu beobachten, verliert es an Bedeutung und der Hund beginnt es
zu überhören. Es ist oft ein Zeichen für ein Miteinander ohne Kontakt.
Ich weiß das hört sich widersprüchlich an, aber dennoch würde ich es so
ausdrücken. Hund und Mensch tun etwas zusammen, achten aber nicht aufeinander ,
immer wieder gibt es Missverständnisse - kommentiert
mit einem ärgerlichen NEIN von oben…
Die meisten NEINS sind im Alltag und im Training tatsächlich überflüssig.
Wenn wir beim Hund für einen ausreichenden Wortschatz sorgen, könnten
wir ihm einfach sagen, was wir von ihm wollen.
Gelernte Signalworte wie „weiter“, „raus da“, „unten bleiben“, „komm mal
schnell“, „tauschen“, „langsam“, „fuss“, „hier geht’s lang“, „nimm lieber das“ ,
„versuch´s nochmal“ und vieles mehr geben dem Hund eine klare Info, ohne ein
NEIN voraus schicken zu müssen.
Auch vorausschauendes Handeln und Management hilft viele NEINS
überflüssig zu machen. Wenn ich z.B. die Butter nicht auf den Fussboden stelle
oder die Antibabypillen nicht auf der Couch liegen lasse, muss ich dem Hund
nicht verbieten sie zu fressen. Man kann sich vorstellen, die Menschenwelt ist für Hunde ein großer
Abenteuerspielplatz . Da ist manchmal nur noch Zeit für ein schnelles NEIN um
die Fernbedienung, die Pillenschachtel oder das Elektrokabel zu retten. Und
das ist überhaupt nicht schlimm !!! – wenn Mensch daraus lernt.
Je
jünger und umtriebiger der Hund, umso wichtiger ist es ihm eine
Alternative für sein unerwünschtes Tun anzubieten. Wird ihm mit einem
NEIN etwas
weggenommen oder verweigert, ist er zu recht enttäuscht.
Er versteht es ja noch
nicht. Durch eine Alternative oder ein neues Angebot wird der Forscherdrang
nicht gestört, sondern quasi umgelenkt und der Frust bleibt klein und
verwindbar. Der Hund kann lernen dass
ein NEIN nicht schlimm ist, aber eben doch bedeutsam.
Ein böses NEIN, Verbote mit böser Mimik und Stimme stellen bei
Kleinkindern die Verbundenheit mit der Mutter in Frage, wissen wir aus der
Neurobiologie. Der Grund ist, dass das Kleinkind die Kritik an seiner
Handlung noch nicht von der Kritik an seiner Person unterscheiden kann. Es
spürt nur den Angriff und interpretiert jedes Verbot als Ablehnung seiner
Person.
Ich glaube, dass das bei Hunden nicht anders ist. Ihre
geistige Reife ist mit Kleinkindern vergleichbar. Deshalb sollten NEINS den Situationen
vorbehalten bleiben, in denen sie nicht so einfach vermeidbar sind.
Die Neurobiologie lehrt uns leider auch, dass ein nur so dahingesagtes
NEIN eigentlich gar nichts bewirkt. Beiläufige NEINS werden nur im
Kurzzeitgedächtnis für ein paar Minuten abgelegt. Um bei Kleinkindern
(wahrscheinlich auch bei Hunden) im Langzeitgedächtnis zu landen sind Gefühle
und Stimmungen wichtig.
Also doch lieber brüllen?
Wer will das schon?
Ich glaube hier hilft einfach und
vor allem die Gewohnheit , aber auch die Konsequenz, die Feinfühligkeit und die
Kooperationsbereitschaft der Zweibeiner mit dem Hund. Wenn wir unsere Hunde als Wesen mit eigenen
Bedürfnissen respektieren und auf diese einfühlsam und wohlwollend eingehen und
mit Bedacht Grenzen setzen, dürfte das Heranreifen und Erwachsenwerden des Hundes sein übriges
tun.
Wir werden uns mit der Zeit dann immer besser verstehen und ein freundlich
aufgebautes NEIN kann auf dieser Grundlage (wie oben beschrieben) keinen
Schaden anrichten. Das sind zumindest meine Erfahrungen mit Kindern und mit
Hunden.
Steckt doch einfach bei jedem NEIN 5 Euro ins Sparschwein. Dann werdet ihr mit den NEINS sparsamer
umgehen und dem Hund einfach sagen, was ihr von ihm wollt…….
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