24.1.2019
Aus meinem Hundeschulalltag
habe ich schon
lange nix mehr geschrieben...
aber jetzt mal einpaar Zeilen...
Eigentlich
habe ich zur Zeit viele richtig gute
Hundeschulkunden. Mit „gut“ meine ich, sie wollen was wissen, sie machen ihre
Hausaufgaben, sie bemühen sich ihrem Hund gerecht zu werden. Angebote wie
Begegnungstrainings, Workshops, Spaziergänge und Stadttraining nutzen sie und bei häuslichen Problemen werden
Einzelstunden genutzt.
Und dennoch hab ich manchmal nach
einer Gruppenstunde das Gefühl, dass der ein oder andere seinen Hund eigentlich
nicht wirklich sieht. Ich weiß, dass es gerade in so einer Gruppen-Trainingssituation,
wo man alles richtig machen will, schwierig ist, sich auf so vieles wie
Hund, Leine, schon erlernte und neue Signale, Wort- und Körpersprache, Clicker,
Belohnung, das richtige Timing und dann auch noch auf die Aufgabenstellung und
den Parcours zu konzentrieren.
Und dann sind da ja auch noch die
ganzen Ablenkungen durch die andern Hunde, die Gerüche und Geräusche. Und so eine Hundenase riecht ja nicht nur das
Leckerchen, was bei dem andern Hund gerade runtergefallen ist. Nein, er riecht
möglicherweise auch das , was da vor 3 Wochen mal gelegen hat und das, was da
im Topf auf dem Tisch steht..….
Das alles macht es dem Hund in
der Hundeschule sehr schwer, sich für einen längeren Zeitraum auf seinen
Menschen zu konzentrieren. Ich sehe manchmal wie enttäuscht der eine oder
andere ist, wenn sein Hund , sobald er vor der Hundeschule aus dem Auto
gestiegen ist, sämtliche Benimmregeln vergißt. Was zu Hause schon so gut
klappt, ist hier kaum noch abzurufen. Wie Zugpferde ziehen sie ihre Menschen
zum und durch das Tor.
Natürlich kann und sollte man
daran arbeiten, wenn man es wirklich will. Dann aber ernsthaft, mit Zeit, mit entsprechenden
„Werkzeugen“, mit Konsequenz und indem man 5 Minuten früher kommt.
Will man es nur weil es einem
peinlich ist, hat aber innerlich Verständnis für die Freude und die Ungeduld
und läßt man sich deshalb ziehen, mit halbherzigem Gemecker, das eigentlich
mehr dem Umfeld gewidmet ist als dem Hund, dann laßt es lieber.
Ich fänd es nicht schlimm, wenn
man in dieser Situation die Leine losläßt und den Hund zum Tor rennen läßt.
Natürlich nur wenn die Situation es erlaubt. Es ist auf jeden Fall klarer und besser
als sich ziehen zu lassen und ein bisschen meckernd zu korrigieren. Der Hund
lernt dabei nur, dass es unter Körpereinsatz voran geht und das Gemecker keine
ernsthafte Bedeutung hat.
Auf dem Hundeplatz haben ziemlich alle verstanden, dass jeder mit
seinem Hund an der Leine erstmal eine Schnüffelrunde macht - zum Ankommen. Das
dient dazu, dass die Hunde nicht mit der Erwartungshaltung hierher kommen, dass
sofort hinterm Tor die wilde Luzi abgeht.
Ein kurzes Hallosagen von Hundenase zu Hundenase finde ich in Ordnung,
bei den Hunden die das ok finden. Das
Spielen an der Leine ist wirklich tabu. Fast alle haben das inzwischen
verinnerlicht und die meisten entwickeln langsam einen Blick dafür, wie es
ihrem Hund in Begegnungssituationen geht.
Manche haben auch entschieden auf
ein Freispiel nach dem ruhigen Ankommen zu verzichten und gehen derweil in die
Halle, weil sie vermeiden wollen, dass ihr Hund zu aufgeregt ins Training geht
und genügend Spielpartner in seinem Alltag hat. Auch das finde ich gut und
zeigt, dass ihr euch Gedanken macht. Freilauf und Spiel sind wichtige
Erfahrungen. Das kann man in der Hundeschule haben, wenn die Partner passen und
wenn sie nicht richtig passen , dann „müssen die Hunde da nicht
alleine durch…..“. Ein „Zwangsspielen“ praktizieren wir hier nicht.
Die aktuellen Gruppenstunden
finden zur Zeit , wegen der Kälte und wenn das Wetter schlecht ist, in der
Halle statt. Wie oben beschrieben ist
das für die meisten Hunde, besonders wenn ihr Nervenkostüm ein bißchen
reizanfälliger ist, eine
Herausforderung. Auch wenn es nie mehr als 4 Hunde sind bleibt es eine oft
aufregende Ausnahmesituation.
Für so manchen Zweibeiner ist das schwer zu
ertragen. Ihr wollt, dass der Hund möglichst nicht bellt und dass er sich
zurücknimmt, obwohl zwischen den Kumpels manchmal nur 1 oder 2 m Abstand sind.
Die Abgrenzungen pro Platz, das i.d.R.
vorausgegangene Deckentraining , ein gefüllter Kong helfen die Situation zu
beruhigen. Aber das sind Hilfen, die nach und nach abgebaut werden sollten. Bei
dem einen Hund dauert es länger als bei andern. Manchmal Wochen manchmal
Monate. Das macht nix. Wichtig ist, dass ihr euch nicht auf dem Kong ausruht,
sondern die Wartesituationen als Trainingsfelder im Blick behaltet. Darüber
können wir gerne in den Gruppen noch einmal ausführlicher sprechen.
Nach meinem Einsatz des
„Dinosaurier-Knochens“ gegen besondere Aufregung in Wartesituationen und für den
Notfall, erfreut sich in einigen Gruppen das mitbringen von Riesenknochen
großer Beliebtheit. Alle Hunde sind beschäftigt und ihr übt das Abgeben und
Liegenlassen , wenn es an die Arbeit geht.
Das ist eigentlich nicht schlecht.
Aber ich denke es ist sinnvoll Wartesituationen bewußt zu üben. Das was ihr im
Restaurant hinbekommt solltet ihr auch in der Hundeschule anstreben. Das
bedeutet, dass ihr euch aus dem Riesenknochen auch mal wieder ausschleichen
solltet. Für ganz aufgeregte und laute Hunde kann man das etwas länger
beibehalten. Aber auch da sollte man einen Trainingsplan im Kopf haben und sich
kleinschrittig einem knochenfreien Ziel nähern.
Ich muß schon schmunzeln, wenn
ich mir vorstelle, dass jemand vor der Halle steht, kein Hund drinnen bellt,
aber andauernd donnert ein Riesenknochen auf den Holzfussboden…..
Wenn ihr dann dran seid und mit
eurem Hund an den gestellten Aufgaben arbeitet, ist es mir immer wichtig, dass
ihr , bevor ihr loslegt, beieinander ankommt. Einige nehmen das auch wirklich
ernst, versuchen sich mental einzustellen, atmen bewußt und werden ruhig.
Wenn
ich das sehe , freue ich mich sehr, denn es ist wirklich wirkungsvoll: Hund und
Mensch finden zusammen, gehen in Resonanz und starten gemeinsam. Hunde sind
Meister im Erkennen von körpersprachlichen Signalen und Stimmungen. Sie müssen
nur die Zeit bekommen sie aufnehmen zu können. Auch dazu dient das anfängliche
Innehalten und Zueinanderfinden. Jeder Leistungssportler nutzt diesen Moment
des Sichsammelns.
Gemeinsam zu starten beginnt
spätestens wenn ihr von der Bank aufsteht. Schon hier könnt ihr erkennen und
übertragen was der Hund braucht um in eine Arbeitshaltung zu finden. Über
Führungskompetenz und Mentaltraining ist viel zu sagen, das würde hier den
Rahmen sprengen. Aber in Kurzfassung könnte man vielleicht sagen:
Alles beginnt bei dir selbst:
- das bewußte Atmen
- das Innehalten
- das Wachsenlassen von Ruhe und Gelassenheit
- das Visualisieren der Übung
- und das Erwarten, dass es klappt…..
Die meisten in den Gruppen machen
es leider nicht so. Vielleicht weil sie
nicht genug darüber wissen und darüber noch nie nachgedacht haben. Vielleicht
braucht es einfach noch mal einen Anschub.
Ich denke darüber nach, wie wir es am besten thematisieren können.
Oft kommt man im Training ,
besonders in der Gruppensituation , wo man sich soviel merken soll und umsetzen
soll, an Grenzen. Ärgerlich fällt der eine oder andere dann in alte Verhaltensmuster, obwohl er es
doch besser weiß.
Manchmal überseh ich das
bewußt. Nicht, weil ich Ungerechtigkeiten
dem Hund gegenüber gut finde, sondern
weil ich euch auch verstehen kann. Oft
greif ich es auf und sage etwas dazu. Immer mal wieder wird mir gesagt ich sei
zu direkt und zu forsch. Manchmal verlassen Kunden auch deswegen die
Hundeschule.
Nie ist die Kritik böse gemeint
! Ich weiß aber auch, dass sich
einige hier zusammennehmen, aber zu Hause dann doch andere Möglichkeiten
der Erziehung ausprobieren, oft ermuntert durch TV-Trainer. Meistens geschieht
das aus einer Überforderung heraus , denn man hat den Alltag um sich , denkt
wie Mama und Papa und nicht immer gelingt es wie ein Trainer zu denken. Was
aber manchmal wichtig wäre, um ein Verhalten dauerhaft in die richtigen Bahnen
zu lenken.
Besonders wenn der Hund noch jung
ist und er seine Selbständigkeit entdeckt, noch
in der Pubertät und im Erwachsenwerden steckt, ist es über lange Zeit
besonders schwierig. Wir kommen an Grenzen und sind überfordert.
Plötzlich kommt dann da was hoch,
was ganz tief in uns verankert ist. Alte Programmierungen wie: „Der Mensch
führt - der Hund folgt“. Widerworte
kommen in diesem alten Konzept nicht vor
! Und wenn man mal um sich guckt, findet
man Trainer und Hundehalter der Alten Schule noch an jeder Ecke.
Auch die entsprechenden Hundeplätze gibt es noch. Obwohl fast auf allen Trainerfahnen
inzwischen „gewaltfrei“…steht, will man dort immer noch den Gebrauchshund,
den man aus dem Zwinger rausholt, der auf dem Hundeplatz den Befehlen promt
gehorchen muß und den man danach wieder einsperrt oder der, wenn er Glück hat,
auf dem Hof mit rum laufen darf.
Immer noch leben Hunde in
Zwingern, gerade gestern hatte ich eine Anfrage: 6 Monate alter Schäferhund, schon
als Welpe im Zwinger gehalten, Leinenprobleme…….
Vieles hat sich schon geändert,
gottseidank. Weil man inzwischen sehr
viel mehr über Hunde weiß. Man will
einen Freund, ein Familienmitglied, einen zuverlässigen Partner. Man hat den Hund selbstverständlich mit bei
sich im Haus und teilt den Alltag.
Aber das „Alte“, so wie es immer
war, schlummert immer noch in uns. Festverankert und überliefert von Eltern,
Großeltern, Lehrern usw sitzen die
Monster in unserm Gehirn. Reflexartig und ganz automatisch lenken sie uns, wenn
wir mit unserem Freund Hund mal wieder an unsere Grenzen kommen. Unbewußt,
spontan, reflexartig und automatisch – gedankenlos könnte man sagen, übernehmen
unsere Kopfmonster dann mal wieder die Regie und strafen, schüchtern ein und
zeigen wer hier das Sagen hat. Und gleich geht es uns wieder besser.
Nicht , dass wir jetzt im
Training weiter gekommen wären. Nein, wir haben reagiert, wir haben Dampf
abgelassen. Und dadurch, dass es uns
gleich besser ging, wir was klargestellt haben, haben
wir uns für unser unangemessenes
Verhalten selbst belohnt. Nicht nur Hunde lernen am Erfolg und durch
Verknüpfung – wir auch!
In unserer Einfalt wollen wir
glauben, dass der Hund aus unseren Übergriffen etwas lernen kann. Und je häufiger wir zu dieser Art der
Erziehung greifen und je heftiger die Übergriffe sind, muß man leider sagen, es
scheint zu funktionieren.
Aber ist das, was wir da vom Hund
bekommen, wirklich das , was wir uns von ihm wünschen?
Bestimmt lernt er auf diese Weise im Laufe der Zeit und der Erfahrungen, die er
mit uns macht, sich anzupassen. Aber leider nicht
weil er etwas verstanden hat und uns
deshalb freudig folgt.
Nein, seine Erfahrungen mit uns, haben ihm nach und nach gezeigt, dass wir
unberechenbar sind , übergriffig und ungerecht. Und häufig gedankenlos vergessen rechtzeitig etwas zu zeigen oder zu erklären.
Hunde können sich nur wie Hunde
verhalten!
Das erfordert von ihren Menschen
sehr viel Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft eine Fremdsprache zu
erlernen. Hündisch ! Wenn wir den
Anspruch haben, dass unser Hund uns versteht, sollten wir uns bewußt machen ,
dass Kommunikation keine Einbahnstraße
ist.
Wir haben so viele Möglichkeiten
uns verständlich zu machen. Statt sie zu nutzen setzen wir voraus, dass der
Hund schon weiß, was wir von ihm erwarten. Wenn wir es ihm aber nicht so
mitteilen, dass er es auch verstehen und aufnehmen kann , ist und bleibt er in
seiner Hundewelt unterwegs. Wenn wir ihn
erreichen wollen, sollten wir ihn , bevor
wir Anforderungen stellen, zurück in unsere Menschenwelt holen.
Dazu haben wir so viele
Möglichkeiten, denn wir haben einen willigen, aufmerksamen, manchmal einen
etwas abgelenkten und verhuschten Freund
an unserer Seite. Der in der Regel versucht
alles zu verstehen und uns recht zu machen, was wir an ihn herantragen. Manchmal
ist es ihm nicht möglich so zu sein, wie wir ihn gern hätten. Wenn wir uns
selbst beobachten würden , würde uns schnell klar werden woran das liegt.
Als Trainer hat man durch die
Distanz oft die Möglichkeit die Dinge klarer zu sehen. Ich sehe die widersprüchlichen Signale, den Wortsalat, die
langen Texte, die auf den Hund einströmen. Ich sehe, wenn die Verbindung von
Sender und Empfänger gerade unterbrochen ist.
Ich sehe die doppelten Botschaften, wenn man versucht freundlich zu sein
obwohl man gerade total sauer ist.
Manchmal überfordern wir unsere Hunde bis hin
zur „erlernten Hilflosigkeit“. Das kann doch nicht unser Bestreben sein. Also
sollten wir weiterhin mehr an uns selbst arbeiten, denn bei uns fängt die
Veränderung und das Training an…..
|