06.03.2005 Danke, Frau Holle

War das schöööön. Mit 9 glücklichen Hunden im Schnee. Aika, Camilla, Coco, Jule, Kira, Laika, Ronja, Stubby und Timmy waren dabei und beeindruckt von den teilweise fremden Hunden, dem Schnee, dem Freilauf und und und...

Ich glaube alle Vier- und fast alle Zweibeiner haben es genossen, außer Petra, die schon seit mindestens einer Woche mit Frau Holle im Klinsch liegt (obwohl sie noch gar nicht hingefallen ist) und Vanessa, die ihrem armen Stubby, durch den tiefen Schnee stapfend, erklärt hat, dass dieser Spaziergang für 2 Monate reichen muss.

Schon im Vorfeld waren wir ganz gespannt, wie es wohl sein wird mit 3 Münsterländerinnen, von denen die eine schon einen unerlaubten Jagderfolg zu verzeichnen hatte, die zweite nur noch an der Schleppleine spazieren geht, weil sie unterwegs plötzlich keine Ohren mehr hat und die dritte sich an der Leine eher unverträglich zeigt, wenn sie sich eingeengt fühlt.

Gleich nach dem letzten Haus hieß es Hunde von der Leine und das pure Glück begann. Alle Münsterländer hatten, wie erwartet, keine Ohren mehr, aber dafür hatten sie sich und die ganze Welt......

Bei Ronja und Camilla wuchsen die Ohren nach dem ersten langen Austoben wieder langsam nach. Bei Aika dauerte es etwas länger, denn sie wanderte heute nicht mit ihrem Herrchen sondern mit ihrer Super-Nanny. Glücklicherweise hatte ich ganz zufällig ein Näpfchen sheba (Katzenfutter) in der Tasche. Wie Jeanette es schaffte es in Aikas Riechweite zu bekommen, weiß ich nicht, denn Hörweite hatte sie keine, so dass jeder Pfiff ins Leere zielte. Aber dann hatten sich beide gefunden und Aika wusste wo sie hingehörte, kam zunehmend verlässlicher zurück, wenn ihre immer glücklicher aussehende Ersatzmama sie rief. Ach, wie schön!

Auch Camilla war absolut ausgelassen. In ihrer Hektik geriet sie auf die andere Seite eines kleinen Baches und wie es manchmal so ist war es die ungünstigste Stelle mit Gestrüpp und einem schräg abgeneigten Stacheldrahtzaun, die sie sich aussuchte um zu uns zurück zu kommen. Ich glaube uns allen blieb das Herz stehen. Todesmutig sprang sie über den Zaun und hat sich, trotzdem sie ihn berührte, nicht verletzt. Während der Wanderung wuchsen und schrumpften Camillas Ohren in stetem Wechsel.

Irgendwie spielten und tobten alle Hunde in wechselnden Konstellationen zusammen. Nur der besonnene Timmy nicht so wirklich, der auch in seiner Dogdancinggruppe schon mal in die Halle geht und dort wartet, während die anderen noch vergnügt draußen spielen. Er bleibt brav auf den Wegen, in der Nähe seiner Gudrun oder auch in der Nähe meiner Würstchentasche, still und bescheiden..........Er ist ein Original.

Genau wie Stubby. Der ist allerdings weniger still und weniger bescheiden aber deutlich glücklich und ausgelassen, immer verbunden mit seiner Mama, die nur leise Worte braucht um ihn zu erreichen und verträglich mit allen Hunden.

Die größte, schwärzeste, gut gehorchende und absolut verträgliche Jule übersieht man fast, trotz ihrer Größe, weil sie einfach nicht aneckt. Meist ist sie ein Freudenknäul mit Laika und wunderschön anzusehen, wenn sie zum Laufen ausholt. Als ihre Mama Christine plötzlich unangekündigt verschwindet ist sie deutlich irritiert. Gott sei dank – da, hinterm Baum..........

Auch der Welt schnellste Türkin Coco ist im Rudel eher unauffällig. Sie spielt und rennt ausgelassen, aber sie vergisst ihren Stefan dabei nicht, ist aufmerksam und lässt sich immer wieder heranrufen und wegschicken. Sie ist ein Seelchen und geht, anders als in ihrer Kleingruppe, in der Masse eher unter.

Ronja, die zwar an der Leine deutlich und wirklich beunruhigt zeigt, dass sie Distanz braucht um ruhig bleiben zu können, ist ohne Leine zwar auch nicht mit jedem engen Kontakt einverstanden, aber sie nutzt ihre Möglichkeiten das zum Ausdruck zu bringen ohne sich in einen ernsten Konflikt zu stürzen. So kann sie mit den anderen laufen und toben und die Wanderung genießen.

Zwei, drei kleine Attacken von Laika, die sich im Glückstaumel offensichtlich in der Hierarchie etwas hocharbeiten wollte, blieben ohne Folgen und man ging sich immer wieder aus dem Weg. Wahrscheinlich musste Laikas Borderanteil zeigen, dass sie im Rudel einiges zu tun wüsste und der andere Teil musste vielleicht mal die mangelnde Größe, zumindest im Vergleich mit ihrer Busenfreundin Jule, kompensieren und zeigen was ne Harke ist. Wie auch immer, auch sie war gut zu führen und wäre es noch besser, wenn Mama Julia mehr Gebrauch von der unsichtbaren Leine zwischen ihnen machen würde.

Tja und dann war da noch die Kleinste, die sicherlich froh war, dass sie wenigstens Coco unter den ganzen Riesen erkannte. Die arme Kira musste, zumindest im freien Feld, sehen, dass ihre Nase über dem Schnee blieb. Ich glaube sie hatte trotzdem viel Spaß, zumindest blieb sie wacker dabei, lief in unseren Spuren und stürzte sich, auch wenn wir auf Wegen gingen, in das Getümmel und den tieferen Schnee. Sie ist super gehorsam, verträglich und einfach süß.

In solchen besonderen Situationen, wie z.B. dieser Wanderung oder auch einem Stadtspaziergang, wird mir immer deutlich, dass es eigentlich zweitrangig ist, wie super der Hund in der Hundeschule oder zu Hause in gewohnten Situationen trainiert ist.

Es zählt viel mehr, ob der Hund folgt und sich auf seinen Menschen verlässt, wenn etwas Neues oder Ungewohntes passiert, wenn er aufgeregt und unsicher ist oder wenn es Konflikte gibt. Folgt er in solchen Momenten nicht und meint er entscheiden zu müssen, was zu tun ist, deutet das auf Probleme hin, die gelöst werden sollten. Und zwar auf der Beziehungsebene und der Verständigungsebene.

Wenn wir unseren Hund nicht mit Informationen versorgen, seine Blicke ignorieren, seine Fragen nicht beantworten, ihn stattdessen wie einen Henkeltopf festhalten, heranziehen oder abstellen, dann erarbeiten wir uns nichts weiter als eine Kommunikationsstörung.

Ein Hund stellt immer die gleichen Fragen: „Wer trägt die Verantwortung? Wie sehen die Regeln aus? Welchen Status habe ich?“ (nachzulesen in: Es würde Knochen vom Himmel regnen von Suzanne Clothier)

In jeder Situation, bei jeder Person, bei jedem anderen Hund, den er trifft, stellt er die gleichen Fragen. Immer !!!

Um eine Antwort auf diese Fragen zu erhalten achtet der Hund auf bestimmte Verhaltensweisen von uns , aus denen er entnehmen kann ob alles unter Kontrolle ist und er sich sicher unserer Führung anvertrauen kann. Je unklarer wir uns verhalten, aufgeregt zerren, brüllen, uns an der Leine wiederwillig mitziehen lassen und dabei herumbrubbeln, weil uns das eigentlich nicht passt, um so missverständlicher werden wir in unserem Führungsanspruch. 

Wir sollten immer versuchen ein unsichtbares Band zwischen dem Hund und uns aufrechtzuerhalten. Dazu haben wir Blicke, Stimme, Worte und Gesten. Jede (ja, wirklich jede!) Interaktion mit dem Hund wird von ihm als ernsthafte Antwort auf seine Fragen angesehen! Nur so kann er die Welt verstehen. Denn auch er kommuniziert mit anderen Hunden oder Menschen immer sinnvoll. Kein Blick ist nichtssagend, selbst das bewusste Wegblicken enthält für den anderen Hund eine Information.

Ein Hund, der glaubt, das Recht zu haben Regeln aufzustellen, glaubt auch das Recht zu haben, diese durchzusetzen. Wenn wir den Hund in dem Glauben lassen, dass ihm die Führung überlassen wurde, könnte er sie auch übernehmen.

 

Also: Um der Chef zu sein muss man nicht toben und trommeln. Ein freundlicher Umgangston, mit klaren Regeln, eindeutigen Signalen und Konsequenz reichen schon.

Gisela

 
© 2024 Die Hundeschule im ATH
Impressum - Datenschutz